In zahlreichen industriellen Anwendungen ist die Chemikalienbeständigkeit eines Werkstoffs ein entscheidendes Auswahlkriterium. Ob in der Medizintechnik, im Anlagenbau, in der Lebensmittelverarbeitung oder in der chemischen Industrie – Materialien kommen regelmäßig mit aggressiven Substanzen in Kontakt. Die Wahl eines ungeeigneten Werkstoffs kann zu Korrosion, Materialversagen oder gefährlichen Leckagen führen. Daher ist es essenziell, die Beständigkeit gegenüber Säuren, Laugen, Lösungsmitteln und anderen Chemikalien präzise zu bewerten.
Unter Chemikalienbeständigkeit versteht man die Fähigkeit eines Werkstoffs, bei Kontakt mit chemischen Substanzen seine mechanischen und physikalischen Eigenschaften dauerhaft beizubehalten. Dies betrifft beispielsweise:
Formstabilität
Zugfestigkeit
Dichtheit gegen Diffusion
Oberflächenbeschaffenheit
Ein beständiges Material zeigt auch bei langanhaltender Exposition keine Risse, Quellungen oder Materialveränderungen. Dabei spielen Konzentration, Temperatur, Einwirkdauer und der Aggregatzustand der Chemikalie eine wichtige Rolle.
Die folgende Tabelle gibt einen ersten Überblick über die Beständigkeit ausgewählter Kunststoffe gegenüber typischen Chemikalien (bei Raumtemperatur):
Kunststoff | Säuren | Laugen | Alkohole | Ketone | Öle & Fette |
---|---|---|---|---|---|
PE-HD | gut | sehr gut | gut | schlecht | gut |
PP | sehr gut | sehr gut | gut | schlecht | gut |
PVC-U | sehr gut | gut | gut | befriedigend | sehr gut |
PVDF | sehr gut | sehr gut | sehr gut | gut | sehr gut |
PTFE | ausgezeichnet | ausgezeichnet | ausgezeichnet | sehr gut | sehr gut |
PA6 | befriedigend | schlecht | gut | schlecht | gut |
POM | gut | schlecht | gut | schlecht | sehr gut |
PC | schlecht | schlecht | gut | schlecht | gut |
PMMA | schlecht | schlecht | befriedigend | schlecht | schlecht |
Hinweis: Diese Werte sind allgemeine Richtlinien. Eine praxisnahe Werkstoffwahl erfordert individuelle Prüfungen unter den realen Einsatzbedingungen.
Bei der Beurteilung der Chemikalienbeständigkeit sollten Sie folgende Faktoren berücksichtigen:
Je höher die Konzentration einer Chemikalie und je höher die Temperatur, desto aggressiver wirkt sie auf das Material. Beispielsweise ist Schwefelsäure in niedriger Konzentration für viele Kunststoffe verträglich, in hoher Konzentration jedoch stark korrosiv.
Ein kurzzeitiger Kontakt kann von vielen Materialien toleriert werden. Bei dauerhafter Beanspruchung – etwa in Rohrleitungen oder Lagertanks – ist ein chemikalienresistenter Kunststoff erforderlich.
Kombinationen aus chemischer und mechanischer Belastung (z. B. Druck, Zug oder Schwingung) können die Widerstandsfähigkeit deutlich reduzieren. Das Material muss also nicht nur chemisch, sondern auch mechanisch geeignet sein.
Einige Chemikalien dringen durch scheinbar dichte Werkstoffe hindurch (Permeation). Besonders bei gasförmigen Medien oder dünnwandigen Bauteilen muss dieses Verhalten geprüft werden.
Einsatz von PTFE, PVDF oder PFA bei hochaggressiven Medien
Rohrleitungssysteme aus PP-H oder PVDF
PE-HD oder PP wegen guter Beständigkeit gegenüber Reinigungschemikalien
Werkstoffe müssen zudem lebensmittelecht (FDA/EG 10/2011) sein
Materialien wie PEEK, PVDF oder PTFE, da sie autoklavierbar und beständig gegen Desinfektionsmittel sind
PVC-U, PE, PP und PVDF für Becken, Leitungen, Filteranlagen
Wichtig: Beständigkeit gegen Chlor, Ozon oder Natronlauge prüfen
POM, PA, PBT oder PPS bei öligen oder fettigen Medien
bei gleichzeitiger mechanischer Beanspruchung hohe Steifigkeit notwendig
Die Chemikalienbeständigkeit ist ein zentrales Auswahlkriterium bei technischen Kunststoffen – besonders in sicherheitskritischen oder hygienerelevanten Anwendungen. Eine fundierte Materialwahl muss stets die spezifische Chemikalie, ihre Konzentration, Temperatur sowie weitere Einsatzparameter berücksichtigen. Standardwerte und Tabellen bieten Orientierung, ersetzen jedoch keine individuelle Materialprüfung im konkreten Einsatzfall.
Welche Kunststoffart gilt als am beständigsten gegen Chemikalien?
PTFE (Teflon) bietet eine der breitesten Chemikalienbeständigkeiten überhaupt.
Wie erkenne ich, ob ein Kunststoff chemikalienbeständig ist?
Herstellerdatenblätter geben Hinweise. Wichtig sind zudem Beständigkeitstabellen und ggf. Labortests.
Gibt es universelle Kunststoffe für alle Chemikalien?
Nein. Selbst PTFE hat Grenzen – z. B. bei geschmolzenen Alkalimetallen oder bestimmten organischen Lösungsmitteln bei hohen Temperaturen.
Sind biobasierte Kunststoffe chemikalienbeständig?
Meist weniger. Ihre Beständigkeit ist häufig geringer als die klassischer technischer Kunststoffe.